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mayoplatte

Ungleich und ungleich gesellt sich trotzdem (gern): Wasser und Öl – zwei sehr verschiedenartige Hauptbestandteile werden dank der verbindenden Eigenschaft von Ei zu einer cremigen Emulsion.

Drei Komponenten: Öl: apolar; Wasser: polar; Emulgator: beides

Mayonnaise besteht bekanntlich aus Öl, Ei, Essig, Salz und allenfalls noch Senf und anderen Würzen. Von der Zusammensetzung her schreibt das Lebensmittelrecht einen Mindest-Ölgehalt von 70%, für Salatmayonnaisen von 50% vor. Dieser wird durch das verwendete Pflanzenöl erreicht und liegt bei selbst hergestellten Erzeugnissen meist höher.

Wasser und Öl sind allerdings zwei chemisch sehr verschiedene Substanzen: Öle sind langkettige Kohlenwasserstoff-Verbindungen, auf denen die Elektronen sehr gleichmässig verteilt sind, man spricht von apolaren Substanzen. Im Gegensatz dazu lautet die chemische Formel für Wasser H2O, die Elektronen halten sich lieber beim Sauerstoff O als beim Wasserstoff auf, weshalb die Verteilung ungleichmässig und das Molekül polar ist (Abb.1). Die Wassermoleküle ziehen sich gegenseitig so stark an, dass sie das Öl verdrängen und weil ihre Dichte höher ist, sinken sie ab. So entstehen zwei Schichten . Diese mischen sich so gut wie gar nicht, es sei denn, es kommt ein dritter Mitspieler dazu: der Emulgator. Diese Substanz vermittelt zwischen den unterschiedlichen Partnern Wasser und Öl mit einem alten Trick: Dem Wasser gegenüber geben sie sich als polare, dem Öl gegenüber als apolare Substanz aus.

Öltröpfchen haben Dank Emulgatoren eine polare Oberfläche und können sich im Wasser lösen. Umgekehrt sind auch Wasser- tröpfchen in Öl löslich. Welcher Fall eintritt, hängt von der Verfügbarkeit von Öl, bzw Wasser ab.

Dank dieser Vermittlertätigkeit können sich Wasser und Öl mischen und dies auf zwei verschiedene Arten: Entweder als Wassertröpfchen in Öl oder als Öltröpfchen in Wasser. Ob der eine oder andere Fall eintritt hängt davon ab, ob mehr Wasser oder mehr Öl mit dem Emulgator in Kontakt tritt (Abb.2).

Bei der Mayonnaise ist der Emulgator hauptsächlich im Eigelb vorhanden. Emulgatoren sind für alle Lebewesen und Pflanzen wichtig, transportieren sie doch Öle und Fette als Lösung in Blut oder Pflanzensäften durch den Organismus. Dominierend im Eigelb wie auch in Pflanzen sind Lecithine, welcher die E-Nummer 322 tragen. Eine gewisse Emulgatorwirkung hat auch der Senf, den man üblicherweise zugibt.

Der Trick mit der Reihenfolge

Stellt sich die Frage, was nun Mayonnaise eigentlich ist: Wassertröpfchen in Öl, oder Öltröpfchen in Wasser (Abb.3)? Bei einem Anteil von 80% Öl und 20% Wasser ist zu erwarten, dass der erste Fall eintritt, da sich der Emulgator im Öl verteilt und ab und zu Wassertropfen einbaut. Damit dies nicht geschieht, legt man bei der von Hand hergestellten Mayonnaise das Eigelb vor und gibt langsam Öl dazu. Damit erreicht man einen hohen Wasser- und Lecithin-Anteil, es entstehen deshalb Öltröpfchen im Wasser. Ist dies eingetreten, kann man Öl rascher zugeben, die Emulsion kippt nicht mehr. Das Rezept im Fülscher-Kochbuch bewegt sich auf der sicheren Seite, indem nach dem ersten Abbinden noch einmal Wasser und Essig zugegeben wird: der höhere Wasseranteil stellt sicher, dass die Mayonnaise wie gewünscht weiter bindet.

Wassertröpfchen in Öl oder Öltröpfchen in Wasser – das ist die entscheidende Frage.

Bei der Zubereitung mit dem Stabmixer läuft es ähnlich, aber viel schneller ab. Man gibt zwei ganze Eier (mit Eiweiss), Senf und Salz in ein unten enges Gefäss, stellt den Mixerstab so ab, dass sich der Propeller in der Eimasse befindet und beschleunigt sofort auf eine hohe Tourenzahl. Wichtig ist, dass man anschliessend gar nichts macht, es gilt, die Eigelb- und Lecithinkonzentration hoch zu halten. Das Öl wird in kleinsten Tröpfchen ins Eigelb gezogen und dort sofort gebunden. Spürt man den damit verbundenen Widerstand, kann man das restliche Öl problemlos einziehen und schliesslich Essig zugeben. Rührt man dagegen im Gefäss, so verteilt man das Eigelb im gesamten Öl, es entstehen lediglich Flöckchen statt eine homogene Masse. Dies ist allerdings in der Regel kein grosses Problem: Man startet mit einem neuen Ei und gibt die flockige Mayonnaise unter stetigem rühren langsam dazu.

Aufbewahrung und Lagerfähigkeit

Mayonnaise enthält rohe Eier und darum allseits den Hinweis, dass sie deshalb rasch konsumiert werden sollte. Ganz so dramatisch verhält es sich aber nicht. Voraussetzung ist natürlich, dass man saubere Hühnereier verwendet und die übliche Küchenhygiene beachtet. Unter diesen Voraussetzungen ist Mayonnaise recht gut haltbar, wenn man sie mit einer Plastikfolie luftdicht abschliesst und optimal unter 2 °C aufbewahrt. Grund dafür ist der nicht allzu hohe Wassergehalt sowie die konservierende Wirkung von Essig und Senf: Je mehr sie davon enthält, desto haltbarer ist sie. Mayonnaise kann auch durch Zugabe von Essig, Senf und wenig Öl wieder aufgebessert werden, wenn sie nicht mehr homogen ist. Allerdings sollte man den Zustand mit den eigenen Sinnen prüfen, ranzige Mayonnaise mit so viel Essig zu versetzen, dass man nichts mehr wahrnimmt, ist jenseits von Gut und Böse.

Vorsicht ist geboten, wenn Gewürze und Kräuter beigefügt werden, etwa Currypulver oder Trockenkräuter. Sind diese Träger schädlicher Mikroben, so verteilt man diese gleichmässig mit entsprechenden Folgen. Stark reduziert ist die Haltbarkeit auch, wenn man Mayonnaise verdünnt und verteilt, etwa bei bestimmten Salaten, Barbrötchen etc. Diese müssen ebenfalls kühl gelagert werden, für ungekühlte Produkte gilt die Regel, dass sie innert zwei Stunden konsumiert werden sollten.

Und Mayonnaise aus der Tube?

Mit dem Mixer lässt sich Mayonnaise mit geringem Aufwand und in kurzer Zeit herstellen und im Kühlschrank mehre Tage aufbewahren. Es stellt sich also die Frage von Vor- und Nachteilen von Tuben- und selbst hergestellter Mayonnaise.

Für die Eigenfabrikation spricht sicher der Preis, Tubenmayonnaise ist etwa 4-mal teurer. Tuben haben dagegen den Vorteil, dass man auch kleine Mengen zu Dekorationszwecken verwenden kann. Von der Zusammensetzung her sind Tubenmayonnaisen mit selbst hergestellten vergleichbar. Ob man die dabei verwendeten Würzen gut findet, ist eine Frage des persönlichen Geschmacks. Bei den Fertigprodukten werden ausserdem «light»-Produkte angeboten. Deren Rezepturen enthalten mehr Wasser, welches mit zusätzlichen Verdickungs- und Bindemitteln stabilisiert wird, wodurch sich der Energiegehalt auf die Hälfte reduzieren lässt. In Anbetracht des geringen Mayonnaise-Anteils in unserer Ernährung dürfte dies allerdings ebenso irrelevant für die Linie sein wie der Ersatz von Zucker durch Assugrin zum Kaffee nach einem 5-Gang-Menu.

Die lieben Verwandten

Sauce Hollandaise und Sauce Bernaise lassen sich nach denselben Grundsätzen herstellen, es geht einfach darum, die Wirkung des Emulgators zu optimieren. Allerdings braucht es dazu ein paar Zusatztricks, weil die Zutaten warm sind: das Eigelb wird vorgelegt und die warme Butter langsam bei mittlerer Drehzahl beigegeben. Nach Abschluss können diese Saucen entweder warm serviert oder in der Kälte aufbewahrt werden.

Dr. Urs Klemm, Lebensmittelchemiker


Beobachten Sie Max Rigendinger bei der Mayonnaise-Zubereitung im Cookuk-Kochstudio: Das Mayonnaise-Handwerk