Aus dem Kochtagebuch von Paula:
Das Herz will ich kochen
Erstens mag ich Innereien, das habe ich von meinem Vater gelernt. Er kaufte uns jeweils ein «Hirni», und meine Aufgabe war es dann, dieses zu häuten: Mit meinen kleinen Fingern fuhr ich genüsslich durch die zarten Furchen und entfernte so die zähe Haut. Gebraten wurde es in Scheiben geschnitten, sachte, in Butter, und vor dem Verzehr mit Aromat bestreut. Ich habe es geliebt!
Zweitens bin ich der Meinung, dass man von einem getöteten Tier alles essen sollte, vom Schwanz bis zum Kopf. So habe ich mir also ein schönes Bio-Rindsherz beschafft und das Fülscher aufgeschlagen. Unter Nummer 758 finde ich das Gewünschte: Kalbsherz-Ragout. Offensichtlich hat sich Frau Fülscher nur mit dem etwas feineren Kalbsherz zufrieden gegeben, von einem Rindsherz steht nämlich nichts. Dafür am Schluss des Rezeptes folgender Hinweis, kleingedruckt:
«Ergibt ein billiges und schmackhaftes Gericht».
So schneide ich das Herz in mundgerechte Stücke, die Fleischstruktur ist fest, schönes, kräftiges Fleisch ist das. Ich bereite es zu nach Nummer 717, braunes Kalbsragout – es gibt kein separates Herz-Rezept. Lange schmort das Herz, 1.5 Stunden. Das Ergebnis ist sehr fein, ich tische es, zusammen mit Kartoffelstock, der Familie auf und behaupte, es sei Rindsgeschnetzeltes (weil es sonst sowieso niemand gegessen hätte). Die Kinder fragen, ob es Leber sei (was ich verneine), und finden das Zmittag fein.
Nun gibt es aber noch eine Zwischenszene: Mein Ziel ist ja schliesslich nicht nur, die Familie zu beglücken, nein, ich möchte auch noch Lorbeeren ernten auf der Fülscherseite! Ein Herzgericht, das gibt es noch nicht, und so mache ich mich ans Werk. Die Lichtverhältnisse für ein gutes Bild sind ideal, die Sonne scheint. Ich richte einen Teller an, mit einem gluschtigen Berglein Kartoffelstock, mit einem Seeli, daneben ein paar Herzstücke, bisschen Sauce – alles, wie es sein soll! Klick, klick, klick.
Ich schicke dann das Rezept und die Bilder zu unserer Chefredakteurin Susanne.
Es hat zu viel Sauce, der Teller wirkt überladen und sollte deshalb nochmals zubereitet und fotografiert werden – doch das Gericht ist natürlich schon aufgegessen.
Für dieses Mal: Aus der Traum mit den Lorbeeren!
P.S.
Nach unserem Fotoworkshop mit Paco Carrascosa kann mir so etwas natürlich nicht mehr passieren, und Rinderherzen gibt es auch noch viele.