Die Sauce mit holländischem Namen, die aber aus Frankreich stammt, verwirrt. Dazu trägt sie häufig den Titel: Königin der Saucen. Eine Ehre, die ich dieser Sauce absprechen möchte.
von Valerie-Katharina Meyer
Das schaumige Gelingen der Hollandaise wird als hohe Küchenkunst gerühmt. Diese will ich keinesfalls in Frage stellen. Dennoch bin ich der Meinung, dass sie den königlichen Ehrentitel nicht verdient.
Ihre Aufdringlichkeit
Die Hollandaise drängt sich mir Jahr für Jahr auf, noch bevor der Frühling richtig begonnen hat. Sobald die ersten Spargeln aus Peru und Mexiko eingeflogen werden, findet man sie überall. Restaurants werben auf Tafeln für frische Spargeln mit Hollandaise. In den Läden trifft man auf Werbeplakate, oft mit Probierstationen verschiedener Hollandaise-Fertigversionen. Dabei zeigt sich die aufdringliche Präsenz dieser Sauce. Die Hollandaise im Glas oder als Anrühr-Päckchen aus dem Supermarkt stehen jedoch hier nicht zur Diskussion.
Das Geschmackserlebnis
Bei einer Saucen-Königin muss nicht nur die Herstellung, sondern vor allem der Geschmack soll königlich sein. Meiner Ansicht nach wird die gelbliche, mayonnaiseartige Sauce überbewertet. Denn die Schwere dieser Sauce raubt dem Gemüse die frühlingshafte Leichtigkeit, und das Buttrige schmeckt nur, wenn die Sauce mit der Frische von Essig oder Zitrone und Pfeffer ausgewogen abgeschmeckt wird. Die Sauce erinnert mich viel mehr an etwas, das mehr sein möchte, als es ist. Sie gibt schaumige Leichtigkeit vor, was bloss eine Verkleidung ist , denn sie ist ja in Wirklichkeit deftig und fettig.
Ein Beiguss
Schon im 17. Jahrhundert finden sich Rezepte, welche der Hollandaise entsprechen, so etwa „Spargel in duftender Sauce.“ Ihren Ursprung hatte die Hollandaise in der Normandie, in einem Dorf namens Isigni, das für seine sehr gute Butter bekannt war. Deswegen nannte man die Sauce auch zuerst Sauce Isigni. Später wurde die Butter, allerdings von weniger guter Qualität, aus Holland importiert. Um die neue Sauce von der als besser angesehenen Sauce Isigni zu unterscheiden, nannte man sie Sauce Hollandaise.
Unter den Kochbüchern, die in meiner Familie von Generation zu Generation weitergegeben werden, findet sich auch das Pariser Koch-Buch von 1752: Spargel mit Rahm ist hier rezeptiert und die Zubereitung der Hollandaise hat sich seither kaum verändert. In einem Kochbuch von 1915, das meine Grossmutter benutzte, gibt es ebenfalls ein entsprechendes Rezept: Holländischer Beiguss. Dieser Name passt viel besser zu der Sauce. Er vermittelt Normalität, Alltägliches, was sie auch mit ihrem Geschmack verkörpert. Ein buttriger Beiguss, der anders als die Hollandaise, nicht sicht selbst, sondern das Gericht, dem er beigegossen wird, ins Zentrum rückt, in königlicher Zurückhaltung.
Valerie-Katharina Meyer (1988) studiert an der Universität Zürich Germanistik und Geschichte, arbeitet daneben als Texterin und schreibt für verschiedene literarische und kulturelle Zeitschriften. Am liebsten aber kocht sie sich durch den Alltag, spielt mit Wörtern und lebt von Träumen.